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Stummfilmjuwel des deutschen Expressionismus, das virtuos und vergnüglich mit Horror und Psychoanalyse jongliert: Ein von Eifersucht getriebener Ehemann verfolgt seine attraktive Ehefrau auf Schritt und Tritt. Bei einem Dinner glaubt er, Beweise für ihre Untreue zu haben. Zum Glück der Gattin ist nebst Gästen und Dienerschaft auch ein Schausteller zugegen – er versucht, den skeptischen Ehemann mit Hilfe eines hypnotischen Schattenspiels mit seinen eigenen Ängsten und Begierden zu konfrontieren, um ihn so an die Realität heranzuführen. Ein zeitloses Lehrstück über ein Spiel im Spiel (im Spiel).Die Stummfilm-Perle wirke wie ein Spätzünder des deutschen Expressionismus und sei dabei nicht weniger radikal als seine berühmteren Vorgänger: «Wie ‹Caligari› basiert die Handlung auf dem Illusionismus und der Täuschung […]. ‹Schatten› verlässt sich jedoch weniger auf verzerrte Kulissen, sondern manipuliert Licht und Schatten, um die Geschichte voranzutreiben und auf die filmische Fähigkeit hinzuweisen, verborgene Begierden auszudrücken. Mit ‹Nosferatu› hat er die Vermischung von Horror und Melodrama sowie eine freudsche Erforschung des Unterbewusstseins durch Schatten und Spiegel gemein, die ein unendliches Spiel mit Doppelgängern erzeugt. ‹Schatten› erinnert zudem an die deutsche
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Stummfilmjuwel des deutschen Expressionismus, das virtuos und vergnüglich mit Horror und Psychoanalyse jongliert: Ein von Eifersucht getriebener Ehemann verfolgt seine attraktive Ehefrau auf Schritt und Tritt. Bei einem Dinner glaubt er, Beweise für ihre Untreue zu haben. Zum Glück der Gattin ist nebst Gästen und Dienerschaft auch ein Schausteller zugegen – er versucht, den skeptischen Ehemann mit Hilfe eines hypnotischen Schattenspiels mit seinen eigenen Ängsten und Begierden zu konfrontieren, um ihn so an die Realität heranzuführen. Ein zeitloses Lehrstück über ein Spiel im Spiel (im Spiel).Die Stummfilm-Perle wirke wie ein Spätzünder des deutschen Expressionismus und sei dabei nicht weniger radikal als seine berühmteren Vorgänger: «Wie ‹Caligari› basiert die Handlung auf dem Illusionismus und der Täuschung […]. ‹Schatten› verlässt sich jedoch weniger auf verzerrte Kulissen, sondern manipuliert Licht und Schatten, um die Geschichte voranzutreiben und auf die filmische Fähigkeit hinzuweisen, verborgene Begierden auszudrücken. Mit ‹Nosferatu› hat er die Vermischung von Horror und Melodrama sowie eine freudsche Erforschung des Unterbewusstseins durch Schatten und Spiegel gemein, die ein unendliches Spiel mit Doppelgängern erzeugt. ‹Schatten› erinnert zudem an die deutsche Romantik, wo der Verlust des eigenen Schattens den Verlust des eigenen Selbst bedeutet – ein Motiv, das auch ‹Der Student von Prag›, den ersten deutschen Kunstfilm von 1913, belebte. In ‹Schatten› vereinen sich zwei Vorläufer des Kinos – das chinesische Schattenspiel aus der Antike (das in den 1920er-Jahren durch die Silhouettenfilme von Lotte Reiniger wiederbelebt wurde) und die seit dem 18. Jahrhundert beliebten Laterna-Magica-Vorführungen. Der Schattenspieler in ‹Schatten› wird als fahrender Schausteller präsentiert, in der Tradition der Jahrmarktsunternehmer des frühen Kinos. […] Nicht unähnlich dem Spiel im Spiel in Hamlet führt das Schattenspiel im Film […] das Publikum dazu, sich mit seinen unterdrückten Wünschen und Perversionen auseinanderzusetzen und diese zu erkennen.» (Giornate del cinema muto, übersetzt von Virginia Rusch)Fr, 14.3., 20 Uhr: Live-Vertonung von Ester Poly. Davor Kurzfilm «Ester Poly – sin via en Tunesia»«Ester Poly – sin via en Tunesia»Die queer-feministische Band Ester Poly ist laut, provokativ und sozialkritisch. Die Bündner Bassistin Martina Berther und die Genfer Schlagzeugerin Béatrice Graf überzeugen seit zehn Jahren ein internationales Publikum. Doch auf dem Höhepunkt des Erfolgs hinterfragt Martina Berther den kämpferischen Drive ihrer Musik. Der Film begleitet Ester Poly in diesem schicksalshaften Moment auf ihrer Tournee nach Tunesien.
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