Nov

1

Friday

Zum Leuchtturm

Sie steht an der Staffelei. Sie malt, was sie sieht, was sie erinnert. Sie sitzt am Fenster. Sie wird gemalt, sie wird gesehen, sie wird erinnert. Zwei Frauen. Die eine verloren im Augenblick. Die andere verloren in der Erinnerung. Sie werden sich begegnen. Sie werden zueinander und voneinander sprechen und über ihr Spiel, ihr Sprachspiel die Zeit, die sie trennt, vergessen. Die beiden Frauen probieren Zeitformen an wie Kleider, und versuchen so, ihre Wünsche Wirklichkeit und ihre Erinnerungen Gegenwart zu machen. Eine Übermutter und Vorzeigeehefrau, und eine alleinstehende, selbstbestimmte Künstlerin. Zwei Frauen oder doch zwei Seiten derselben Frau? Gefangen in den Rollenzuschreibungen einer (vergangenen?) Zeit. Getrieben, diese zu erfüllen. Zugleich verzweifelnd an der Enge und gewillt, sich neu zu erzählen. Es ist der Versuch, die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem darzustellen, Gegenwart und Erinnerung, Erinnerte und Sich-Erinnernde sich begegnen zu lassen und so das Wissen um die unabwendbare Vergänglichkeit aller Dinge, für einen kurzen Moment zu transzendieren. Das Erinnerte, was wie das Licht eines Leuchtturms nur noch ein fernes Leuchten ist, soll hell aufflackern und die Erinnernden erhellen. «Ich entstoffliche – aus Misstrauen gegen eine allzu billige...

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Sie steht an der Staffelei. Sie malt, was sie sieht, was sie erinnert. Sie sitzt am Fenster. Sie wird gemalt, sie wird gesehen, sie wird erinnert. Zwei Frauen. Die eine verloren im Augenblick. Die andere verloren in der Erinnerung. Sie werden sich begegnen. Sie werden zueinander und voneinander sprechen und über ihr Spiel, ihr Sprachspiel die Zeit, die sie trennt, vergessen. Die beiden Frauen probieren Zeitformen an wie Kleider, und versuchen so, ihre Wünsche Wirklichkeit und ihre Erinnerungen Gegenwart zu machen. Eine Übermutter und Vorzeigeehefrau, und eine alleinstehende, selbstbestimmte Künstlerin. Zwei Frauen oder doch zwei Seiten derselben Frau? Gefangen in den Rollenzuschreibungen einer (vergangenen?) Zeit. Getrieben, diese zu erfüllen. Zugleich verzweifelnd an der Enge und gewillt, sich neu zu erzählen. Es ist der Versuch, die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem darzustellen, Gegenwart und Erinnerung, Erinnerte und Sich-Erinnernde sich begegnen zu lassen und so das Wissen um die unabwendbare Vergänglichkeit aller Dinge, für einen kurzen Moment zu transzendieren. Das Erinnerte, was wie das Licht eines Leuchtturms nur noch ein fernes Leuchten ist, soll hell aufflackern und die Erinnernden erhellen. «Ich entstoffliche – aus Misstrauen gegen eine allzu billige Wirklichkeit.» Virginia Woolf Der Roman «To the Lighthouse» von Virginia Woolf – von Woolfs Ehemann Leonard ein «philosophisches Gedicht» genannt – ist nach Meinung vieler Expert:innen in der Virtuosität der Erzähltechnik Woolfs vollkommenster. Es ist ein Jahrhundertroman, wenngleich im deutschsprachigen Raum weniger bekannt als «Mrs. Dalloway» und «Orlando». Für die Autorin selbst war dieser Roman ihr wichtigster, er vereint nach ihrem eigenen Empfinden «das Tragische, das Komische, die Leidenschaft und das Lyrische». «Du liebe Zeit, wie schön manche Stellen von The Lighthouse sind! Weich & geschmeidig, & tief, meine ich, & kein einziges falsches Wort, seitenlang manchmal.» Virginia Woolf über ihren Roman

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Location:

Zimmer-Theater Ariane, Schaffhauserstrasse 44, Winterthur, CH

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