May

23

Friday

Julia Perazzini: Dans ton intérieur

Julia Perazzini: Dans ton intérieur Südpol Luzern, Arsenalstrasse 28, 6010 Kriens Tickets

Credits: Schweizer Theatertreffen Zentralschweiz

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Südpol Luzern, Kriens (CH)

«Wenn man mich fragt, ob ich Italienerin bin, sage ich: ja, ein bisschen. Mit einem kleinen Lächeln.»

Doch warum sagt sie das? Julia Perazzini ist – so erfahren wir von ihrer eigenen aufgezeichneten Stimme –  in Lausanne aufgewachsen, genau wie ihr Vater, der im Alter von einem Jahr dort ankam, geboren war er in Mailand. Das ist auch schon alles, was Julia über den italienischen Teil ihrer Familiengeschichte weiss. Weder sie noch ihr Vater kannten Giancarlo, diesen Grossvater und Vater, dessen Namen sie tragen. Der Name Perazzini, der vielen so gefällt, fühlt sich für die Julia, die nun ruhig und neutral umherschauend ihre Bühne betritt, an wie ein Loch. Sie verbindet damit nichts.

Das wird sich im Laufe des Abends ändern, denn Julia begibt sich mit uns als Voyeurin auf eine detektivische Spurensuche nach ihrem verschwundenen Grossvater. Wir folgen ihrer Recherche so gebannt, als wäre es unsere eigene Geschichte, die da Schicht um Schicht blossgelegt wird. Und wir fragen uns bestürzt, was wohl zum Vorschein käme, wenn wir uns genauso hartnäckig sezierend und doch unvoreingenommen auf unsere Ahnen stürzen würden wie Julia es hier vormacht.

Der Anfang von Julias Perazzini autobiografischer Suche ist naheliegend, wenn auch nicht leicht: Sie begibt sich in einen Dialog mit

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«Wenn man mich fragt, ob ich Italienerin bin, sage ich: ja, ein bisschen. Mit einem kleinen Lächeln.»

Doch warum sagt sie das? Julia Perazzini ist – so erfahren wir von ihrer eigenen aufgezeichneten Stimme –  in Lausanne aufgewachsen, genau wie ihr Vater, der im Alter von einem Jahr dort ankam, geboren war er in Mailand. Das ist auch schon alles, was Julia über den italienischen Teil ihrer Familiengeschichte weiss. Weder sie noch ihr Vater kannten Giancarlo, diesen Grossvater und Vater, dessen Namen sie tragen. Der Name Perazzini, der vielen so gefällt, fühlt sich für die Julia, die nun ruhig und neutral umherschauend ihre Bühne betritt, an wie ein Loch. Sie verbindet damit nichts.

Das wird sich im Laufe des Abends ändern, denn Julia begibt sich mit uns als Voyeurin auf eine detektivische Spurensuche nach ihrem verschwundenen Grossvater. Wir folgen ihrer Recherche so gebannt, als wäre es unsere eigene Geschichte, die da Schicht um Schicht blossgelegt wird. Und wir fragen uns bestürzt, was wohl zum Vorschein käme, wenn wir uns genauso hartnäckig sezierend und doch unvoreingenommen auf unsere Ahnen stürzen würden wie Julia es hier vormacht.

Der Anfang von Julias Perazzini autobiografischer Suche ist naheliegend, wenn auch nicht leicht: Sie begibt sich in einen Dialog mit ihrer Grossmutter, die sie wenig kennt und noch weniger mag. Aber diese war es ja, die sämtliche Verbindung zu Giancarlo gekappt hat und jedes Gespräch über ihn abblockt.

In die Reise durch Ämter, Familien, Länder und Kontinente, welche die Protagonistin nun antritt – und auf der sie zahllose Menschen aufspürt, die ihren Grossvater kannten, oder gekannt haben wollen – webt sich ein bruchstückhaftes, von Gedächtnislücken, Altersmacken, Bärbeissigkeit und Verweigerung geprägtes, grosses Gespräch mit der sterbenden Grossmutter. Die Reise in die Vergangenheit ist auch eine Reise in den Tod, hin zu dem, was nicht mehr ist und nicht mehr zurückgeholt werden kann.

Das ist grandios gespielt von Julia Perazzini die den ganzen Abend lang alleine bleibt – und es doch schafft, die Bühne um sich herum mit einer Art Schwemmgut von Gegenständen und Existenzen zu bevölkern. Fetzenartige Ausschnitte von Menschenleben, die das Leben des Grossvaters berührt, vielleicht ausgemacht oder es auch nur gestreift haben, fügen sich zu einem geklitterten, fernen und ungreifbaren Ganzen.

Dieses grosse Solo einer Spurensuche der Künstlerin Julia Perazzini nach der eigenen Familiengeschichte, das viele als ihr Chef-d‘-oeuvre bezeichnen, schlägt einen Bogen zu Kim de l’Horizons «Blutbuch» einerseits, aber auch zur fiktiven Spurensuche, die Lukas Bärfuss mit dem Theater Basel in «Die Krume Brot» unternimmt. Mit unterschiedlichen Mitteln fächern sich Schweizer Biografien auf ins Globale. Sie reflektieren die Anwesenheit im Hier und Jetzt als Konsequenz oft ungewusster oder unverstandener Vorfälle der Vergangenheit – zufällig oder schicksalhaft, wer weiss das schon – für die wir nichts können, für die wir auch nichts geleistet haben, aber deren Produkt wir doch eindeutig sind. – Julie Paucker

Sprache: Französisch mit deutschen Übertiteln

 

21. – 25.05.2025: Der Südpol Luzern ist Partner des Schweizer Theatertreffen Zentralschweiz https://journees-theatre-suisse.ch/de/

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Schweizer Theatertreffen Zentralschweiz

Presale

Tickets und weitere Infos findest du unter www.sudpol.ch oder https://journees-theatre-suisse.ch/de/

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Total: XX.XX CHF

Info

Location:

Südpol Luzern, Arsenalstrasse 28, Kriens, CH